München: werkbox3, freie Lastenradler

von Rio Mäuerle

Mein Münchenbesuch

Am Wochenende den 28./29. Mai war ich in München und besuchte die offene Fahrradwerkstat in der Werkbox 3 und traf mich mit dem Initiator der Lastenradinitiative "freie Lastenradler".

Bei der Werkbox 3 handelt es sich erstmal um ein viele hundert qm großes alte Lagerhalle auf dem ehemaligen Gelände der Produktionsstätte von "Pfanni", die wahrscheinlich viele von Euch noch kennen.Die letzten 20 Jahren war auf dem Gelände die Kultfabrik angesiedelt, eine riesige Partymeile. Für mich nicht spannend. Nichts gegen Helen Fischer und Andreas Gabalier, aber...

In der Halle der werkbox 3 sind viele Maschinen untergebracht, meist ohne Abtrennung. Es handelt sich um richtig große, professionelle Maschinen für die Holz und Metallverarbeitung. Auch gibt es eine Siebdruckwerkstatt, eine Elektronikwerkstatt und eine Fahrradwerkstatt. In einer kleinen Kabine bauen ein paar Leute snowboards. Die Leute finanzieren alles durch einen monatlichen Mitgliedsbeitrag.

Detlef Schmitz, hat das ganze initiiert und ist auch mit zuständig für die Fahrradwerkstatt. Darin macht er immer wieder Lastenradbauworkshops. Er hat in den 80igern angefangen Elektrofahrräder zu bauen mit denen er bei verschiedenen großen internationalen Rennen mitgefahren ist, bei denen es hauptsächlich ums "dabeisein" ging, und nicht ums gewinnen.

Die Werkstatt ist Mitglied im Verbund Offener Werkstätten e.V. Die Lastenradprojekte werden immer wieder von einer Stiftung ( anstiftung & ertomis unterstützt, wodurch die Kursleiter eine kleine Vergütung für ihre dortige Arbeit bekommen können.

Es werden iauch mmer wieder workshops in der werkbox 3 durchgeführt, über die die Kursleiter kleine Einnahmen erwirtschaften können. Im Gegensatz zum Haus der Eigenarbeit in München gibt es allerdings keine Angestellten. Und dennoch existiert das ganze immer noch und ist sehr spannend.

Die bikekitchen münchen ist Teil der werkbox 3 und zahlt einen Monatsbeitrag um die Werkstatt nutzen zu können. Auch im Rahmen der bikekitchen werden immer wieder kleine workshops angeboten. Sie reichen von Reparaturkursen bis zu einem workshops um Werkzeugtaschen aus alten Fahrradschläuchen gemeinsam zu nähen. Die Bikekitchen München wurde von 2 Frauen gegründet. Der Genderaspekt wurde also sehr praktisch gelöst. Das scheint mir insgesamt der Ansatz der Bikekitchen München zu sein. 

Das ganze Gelände wird gerade umstrukturiert. Das heißt, dass einige Gebäude abgerissen werden. Einige werden stehen gelassen. Es werden Wohnungen in alte Gebäude integriert, neue Wohnhäuser gebaut, aber auch weitere Kulturinstitutionen angesiedelt, zb bekommt die Philharmonie ein neues Konzert dort gebaut. Die Bauzeit wird ca. 20 Jahre betragen, damit sich Dinge entwickeln können. Auf einem Teil der Geländes sind Container aufgestellt, in denen verschiedene Projekte entwickeln können. Detlef hat dort drei Container in denen er eine Menschen motivieren möchte Ideen für eine bessere Gesellschaft zu entwickeln und umzusezten. Ideen von ihm gehen in Richtung Windräder, bepflanzbare Tröge mit Gemüse....

Neben der Werkbox hatte ich auch ein Treffen mit Thomas Schmidt, der einerseits beim ADFC Bayern Mobilitätsprojekte mit Firmen initiiert und daneben Lastenradprojekte entwickelt. Scheint mir etwas ähnlich zu sein wie in Österreich die Aktivitäten von Klimaaktiv in diese Richtung . Ich habe ihn vor 2 Jahren in Salzburg getroffen als ich im damaligen Sozialprojekt "Radhaus im Stadtwerk" gearbeitet habe. Er hat sich damals die Fahrräder der Radhauses angeschaut und getestet. Danach hat er und der ADFC das erste freie Lastenrad im Sinne der Kasimirleute in Köln auf die Beine gestellt. Es nennt sich "Daniel- dein Lastenrad für München".

Ich habe mir die Geschichte erzählen lassen wie sich die Sache in den letzten 2 Jahren entwickelt hat. Jetzt gibt es nämlich an die 10 Lastenräder, die über die Stadt verteilt kostenlos ausgeliehen werden können: die "freien Lastenradler"

Der Reihe nach: Es kamen verschiedene Projekte auf Thomas zu mit dem Wunsch ein Lastenrad vor Ort zu haben. Da dies im Rahmen des ADFC schwierig war, mußte ein anderer Weg gefunden werden. Thomas und ein Mitstreiter gründeten eine Firma ("die Lastenradler") , die verschiedene Lastenräder verkauft. Über diese Firma können Räder eingekauft werden. Mittels crowdfunding konten einige Räder angeschafft werden. Die Organisation rund um den Verleih der Räder ist kein Verein sondern eine ehrenamtliche Arbeit der beiden Initiatoren. Genannt wird das ganze  "Die freien Lastenradler" . Ein ziemlicher Aufwand also dafür, dass Menschen kostenlos ein Lastenrad ausleihen dürfen. Wow!

Es macht sehr Spaß mit ihm zu reden, da Thomas so konkret ist und dann einfach loslegt. Immer gibt es aber auch das Mitdenken eines worst-case-szenarios. Das heißt, dass er bereit ist eine Idee loszulassen wenn es zu schwer geht oder zu viele Hindernisse auftauchen. Das ist notwendig, damit die Liebe zum Tun nicht stirbt. Denn es ist viel Arbeit und Gewinn ist noch keiner wirklich absehbar. Wobei ganz wichtig ist, dass die Räder wirklich kostenlos überlassen werden, damit es rein rechtlich keine Haftungsschwierigkeiten beim Überlassen der Räder gibt. Es kann nicht wirklich eine Garantie übernommen werden für den Zustand der Räder, auch wenn sie servisiert werden. Die Leute müssen die Räder beim Ausleihen selber anschauen und für sich entscheiden ob sie fahrtauglich sind.

Daneben hatte ich einen kleine Kontakt zur Szene der Foodsharing-Szene. Ich kannte das vorher nicht. Es geht dabei um das Einsammeln von Lebensmitteln, die Geschäfte wegschmeißen wollen. Es werden Vereinbarungen mit den Geschäften getroffen, dass diese Lebensmittel abgeholt werden und ohne Entgelt verteilt werden. Im Privatbereich über Verteilung oder über kleine Depots mit Kühlschrank bei denen man sich einfach Essen kostenlos abholen kann. Außerdem können die Lebensmittel auch Nonprofitorganisationen gebracht werden. Eigentlich nicht schlecht. Es ist allerdings so, dass es einer strengen Organisationsstruktur bedarf. Die Abholzusage muss unbedingt eingehalten werden. Sonst kündigen die Geschäfte die Zusammenarbeit. Eh klar. Sonst bedeutet es für sie eine zusätzliche Arbeit. Erst wird alles hergerichtet zum Abholen und dann müssen sie es doch noch entsorgen. Also: spannend aber auch nicht ganz einfach.

 

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